2024 haben wir zum ersten Mal den Sprung über den großen Teich gewagt, um die US-amerikanische Glasszene kennenzulernen. Eine erste Adresse war dabei die renommierte Habatat Gallery bei Detroit, die weltweit als El Dorado für Sammler und Liebhaber von Glaskunst gilt. Hier haben wir viele fantastische Künstler kennengelernt, deren Werke eine enorme Bandbreite verschiedener Stile und Techniken präsentieren.
„Siku (Dire Wolf)“, ein kraftvoll gefertigter Wolfskopf, handgeformt und graviert mit starken Oberflächenstrukturen von Shelley Muzylowski Allen, zählt dazu. Die Künstlerin ist im Norden Kanadas aufgewachsen, und so wundert es nicht, dass sich in ihrer Arbeit wiederkehrende Themen wie Mythen, Natur und Tiere ihrer Heimat widerspiegeln: „Indem ich diese Geschöpfe in Zuständen der Anmut, Ruhe oder Bewegung darstelle, hoffe ich, ihre innewohnende Natur einzufangen. Mein Hintergrund als Malerin und mein Verständnis der Anatomie bilden die Grundlage, von der aus ich zu impressionistischeren oder auch kontemplativen Ausdrucksformen übergehe.“
Das künstlerische Schaffen von David Patchen hat uns ebenfalls sehr überzeugt. Der Glaskünstler arbeitet mit traditionellen Murrine- und Cane-Techniken, die er u.a. bei großen Meistern in Murano erlernt hat. Mit großer Experimentierfreude, akribischer Handwerkskunst und Liebe zum Detail interpretiert er sie jedoch auf seine eigene Weise. So schafft er farbenfrohe, hochkomplexe Skulpturen, an deren Muster man sich einfach nicht sattsehen kann. Eine davon ist „Aqua Glow Eclipse“, die von uralten, versteinerten Korallen und ihren erstaunlich lebendigen organischen Formen inspiriert wurde.
Auch in Galerien und Ausstellungen in Europa und Deutschland haben wir exzellente Glaskunst entdeckt. Sehr beeindruckt haben uns beispielsweise Arbeiten, die beim Wettbewerb zum 2. Hadamarer Glaspreis 2024 von einer Fachjury ausgewählt worden sind. Unter den Teilnehmern fanden wir junge Künstler und Künstlerinnen, die sowohl professionell als auch unkonventionell und innovativ mit dem Medium Glas umgehen. Glücklicherweise konnten wir hier u.a. mehrere preisgekrönte Werke für die Sammlung erwerben, so das Flachglas-Bild "Hidden in the Shadows", für das der junge Künstler Marius Zwick mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde. Mit unglaublicher Präzision und künstlerischer Vision bearbeitet er Sicherheitsglas mit Hammer und Meißel, um durch gezielte Risse und Brüche ein tiefgründiges Portrait entstehen zu lassen. Kongenial vereinen sich dabei Thema, Darstellung und Technik.
Mit einem Förderpreis wurde Wanja Sturhan für seine Arbeit "Der Baum" ausgezeichnet. Meisterhaft gelingt dem jungen
Künstler hier eine poetische Symbiose zweier widersprüchlicher Materialien – Glas und Stein. Die Baumkrone mit ihren
zarten und dichten Ästen ragt auf einem knorzigen Stamm empor, dessen Wurzelwerk nicht im Boden versteckt ist, sondern sich mit dem Felsen verbindet. Glas und Stein können gegensätzlicher nicht
sein, doch Wanja Sturhan überwindet diesen Widerspruch dank seines Talentes und Gespürs für das Lampenglas. (Julia Geldmann)